Brötchentaste holte Mehrheit im Rat

Artikel der Rheinischen Post vom 23. Februar 2017

Von Andreas Speen
 
 

Mit einer in Erkelenz sehr seltenen Konstellation, bestehend aus den Fraktionen von Bürgerpartei, SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern/UWG, stimmte der Stadtrat gestern Abend für die Einführung einer „Brötchentaste“ in der Innenstadt, die künftig kostenfreies Parken für 15 Minuten erlaubt. Zugleich wurde zur finanziellen Kompensation beschlossen, die Taktung für längeres Parken auf zehn Cent für zehn Minuten zu erhöhen.

Der Gewerbering Erkelenz kündigte gegenüber Bürgermeister Peter Jansen an, sich an den Einführungskosten mit 2500 Euro netto beteiligen zu wollen. Die Stadtverwaltung rechnet mit Umstellungskosten in Höhe von rund 12.000 Euro.

Die CDU blieb im Stadtrat – wie zuvor im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung sowie im Hauptausschuss – bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der „Brötchentaste“. „Es kommt niemand aus den Außenorten, um in der Innenstadt die Kurzparktaste zu nutzen“, stellte Fraktionsvorsitzender Rainer Merkens deren Sinn für eine möglichst breite Nutzerschicht infrage. Fraktionsmitglied Jochen Nußbaum sprach von einem falschen Signal, das da heiße: „parken – zahlen – schnell wieder abreisen“. Und er verwies auf die Erhöhung der Parkgebühren, „dass damit ein Dummer zur Finanzierung gefunden wurde: der Langzeitparker“. Aus seiner beruflichen Erfahrung heraus hielt Hans-Josef Paffen den Antragstellern entgegen, dass das Instrument einer Brötchentaste nicht dazu tauge, damit den Einzelhandel zu stärken. Und: „Hückelhoven wirbt mit 3500 kostenfreien Parkplätzen – Erkelenz demnächst mit einer 20-prozentigen Erhöhung der Parkgebühr.“ Das sei abzulehnen. CDU-Parteivorsitzender Peter London lehnte den Antrag auch ab, jedoch stellte er nach mehreren politischen Anträgen zur Verkehrs- und Einzelhandelssituation in der Erkelenzer Innenstadt innerhalb der vergangenen eineinhalb Jahren die Notwendigkeit „einer größeren Lösung“ fest und regte an, sich dazu mit dem Stadtmarketing-Konzept zu beschäftigen. 

23 Ratsmitglieder stimmten schließlich für den Antrag auf eine „Brötchentaste“, 20 dagegen. Für die Fürsprecher hatten Karl-Heinz Frings (Bürgerpartei) und Werner Krahe (FDP) noch einmal Vorteile dieses Instruments hervorgehoben. Frings bat darum, sich vom Begriff der „Brötchentaste“ zu lösen, „weil es viele andere Geschäfte gibt, die auch nur einmal kurz besucht werden müssen, wie die Apotheke oder der Arzt, um ein Rezept abzuholen“. Aus Krahes Sicht gibt es niemanden, der nur negative belastet wird: „Irgendwann einmal trifft der Vorteil der ,Brötchentaste‘ jeden.“ Auch sollte die ablehnende Fraktion anerkennen, dass Erkelenz „eine Flächenkommune ist, in der das Auto“ – und damit das Parken – „eine besondere Funktion hat“. Und schließlich wünsche sich der Gewerbering Erkelenz diese Maßnahme, um seine Positionen gegenüber dem Internethandel zu stärken. Krahe appellierte an die CDU, mit der seine Fraktion in der jüngeren Vergangenheit mehrere Anträge zur Verkehrs- und Einzelhandelsentwicklung durch den Stadtrat gebracht hatte (testweise Öffnung des Kölner Tors für den Verkehr und Umkehr der Einbahnregelung auf der oberen Kölner Straße): „Wir müssen jedes noch so kleine Hilfsmittel ergreifen, um den Einzelhandel in unserer Innenstadt zu erhalten.“ Zur Gegenfinanzierung der Umstellungskosten brachte er noch ins Spiel, zu sparen, indem einzelne Ratsausschüsse seltener tagen; das jedoch wurde in der Diskussion nicht weiter aufgegriffen.

Quelle: RP